von Willi

Ausflug mit dem Wurmling

... eigentlich wollte ich gar keinen Artikel zum Ausflug am Samstag schreiben. Es ist leider schon peinlich, wenn der Kletterjahresauftakt eines Kletterklubs nicht am Neujahrstag sondern erst Ende März erfolgt. Genug sonnige Tage gab es schließlich zur Genüge.

Mehrere Gründe stimmten mich dann doch um:

  1. es ist nun mal unser Jahresauftakt gewesen (und immerhin zwei Tage früher als 2021) - yeah
  2. es ist fast 5 Monate her, dass Micha und ich zuletzt Felsenkontakt hatten - krass
  3. meine kleine Tochter war das erste Mal im Sandstein - mega cool

Tatsächlich war die Geburt unseres jüngsten KuK-Mitgliedes Ende Januar der Hauptgrund, warum zumindest ich dem Klettersport länger fernblieb.

Mit einem kleinen Wurmling sind zwar die Gedanken immer noch oft bei den Felsen, aber diese Sehnsucht macht automatisch Platz für die Liebe zu diesem zuckersüßen Menschlein. Die Wochenenden, aber auch Wochentage und vor allem die Nächte, werden aktuell fast vollständig vom Wurmling vereinnahmt. Nach 55 Lebenstagen, fühlten wir uns jedoch bereit mit der Kleinen die große Reise ins Bielatal anzutreten. Vor kurzem sind mir die alten Gipfelbuch.de Seiten von Iven Eissner aufgefallen auf denen jeweils für Kinder geeignete Stiegen und Gipfel aufgelistet sind. In den kommenden Jahren werden wir diese Vorschläge mit Sicherheit durchgehen und testen. Aber für diesen Samstag galt die Devise: minimale Entfernung zum Parkplatz und ein ruhiges Plätzchen um die Hängematte aufzuspannen. Die Wahl fiel auf den Trautmannsfels und seine umliegenden Kollegen. Mit möglichen Schwierigkeitsgraden im unteren Segment zudem der ideale Einstieg sich wieder an die Felsen zu gewöhnen. Micha konnte es ebenfalls kaum erwarten wieder bielataler Luft zu schnuppern und so sagte er ohne zu zögern zu.

Glücklicherweise und zum Leid von Micha ist der Wurmling eine Frühaufsteherin. Die Parkplatzsituation an der Ottomühle war daher noch sehr entspannt. Zudem sparten wir uns die üblichen 3€ Gebühr, da der Parkautomat erstaunlicherweise fehlte. Somit konnten wir ohne Verzögerung den kurzen Weg zu unseren geliebten Felsen antreten. Es muss schon ungewöhnlich ausgesehen haben, wie eine Gruppe mit einer Babyschale durch den Wald läuft. Aber schlafende Babys weckt man nun mal nicht. Die Gruppe um den Trautmannsfels hatte ich bisher nie richtig auf dem Schirm. Schnell ist man an ihm vorbeigegangen auf dem Weg zu den Zacken oder der Herkulesgruppe. Die schnelle Erreichbarkeit war für uns ideal und so konnten wir in Windeseile unser Basislager für Andrea und die Kleine aufschlagen. Während Micha und ich uns startklar machten, kam uns eine andere Seilschaft an dem Alten Weg des Trautmannsfels zuvor.

Pragmatisch zogen wir zum, sich in Sichtweite befindlichen, Mandarin. Micha hatte sich die Nordwand herausgesucht. In seinem alten Kletterführer noch mit IV bewertet, aber mittlerweile auf III herabgestuft. Zum Aufwärmen gut geeignet. Wobei wir uns dafür nicht eine schattige, kühle Nordseite hätten aussuchen sollen. Micha ging ans scharfe Ende des Seils und konnte auf der kurzen Strecke tatsächlich auch ein UFO und eine Schlinge verlegen. Wobei letztere lediglich als Umlenker für einen angenehmeren Nachstieg fungierte. Mühelos erreichte er den Gipfel und kurz darauf stand ich eingehängt am Wandfuß (á propos Fuß: die Kletterschuhe sind leider nicht gewachsen).
Der erste, freudig erwartete Kontakt mit dem so sehr vermissten Sandstein, nach Monaten des Verzichts war ... kalt und feucht (Nordseite halt).
Dies tat der Freude während der Begehung jedoch keinen Abbruch. Zaghaft aber mit der Sorglosigkeit, die ein Nachsteiger oft innehat, folgte ich dem Seil nach oben, um kurz darauf neben Micha in der wärmenden Sonne zu sitzen. Ich stellte fest: den Fingern fehlt es noch an Kraft und Hornhaut, aber insgesamt war noch ein wenig Luft nach oben.
Auf dem Weg nach unten viel mir daher gleich die NO-Kante (IV) auf. Schlecht absicherbar dafür ziemlich griffig. Wieder auf dem Boden stehend verkündete ich Micha mein Vorhaben, der diesem zustimmte. Es tat gut wieder Vorzusteigen. Sich nach und nach mit kalten Fingern (immer noch Nordseite) Zug um Zug den Weg nach oben zu erforschen. Plätze zum Legen der rettenden Schlingen zu suchen. Keine Plätze zum Legen der rettenden Schlingen zu finden und daher einfach die Flucht nach oben anzutreten. Gut, früher hätte ich letzteres wohl so gemacht. Aber bei diesem Weg bin ich mangels Sicherungsmöglichkeiten kurz zum Ring vom Lotos gequert, geklickt und zurück, um dann der NO-Kante weiter zu folgen. Man ist ja nun schließlich Familienvater. Den weiten Pendelschlag bei einem möglichen Sturz habe ich dabei einem Beinbruch vorgezogen. Der kleine Abstecher galt lediglich dazu, Sicherheit für einen kurzen ungewissen Zug zu schaffen. Der restliche Weg war dann schnell gegessen. Für Micha im Nachstieg und mit um Weiten besseren Trainingsstand, war der Weg kein Problem.

Da wir doch ein Weilchen am Mandarin zugegen waren, kündigte sich der hungrige Magen an und die Neugier wie es um Kind und Partnerin stand. Erfreulicherweise tat die Kleine was sich alle jungen Eltern wünschen, sie schlief seelenruhig. Nach einem kurzen Plausch und kleinem Happen, machten wir uns auf zum nebenstehenden Trautmannsfels. Dessen Alter Weg war nun wieder frei. Der Fels hat eine passable Höhe, dessen AW (II) ist aber tatsächlich sehr einfach. Der erste Absatz ist schnell erreicht und der Blick auf den weiteren Weg verriet mir schnell, dass hier keine großen Probleme lauern. Da Micha auch hier ziemlich fix neben mir auf dem Gipfel stand, gehe ich davon aus, dass er ebenso ein wenig unterfordert war. Jedoch mindert dies keineswegs den Spaß an der Begehung.
Das Gipfelglück währte nur kurz, denn ein anderes Glück wurde langsam höhrbar. Der Nachwuchs war aufgewacht und machte sich quengelig bemerkbar. Nach kurzer Absprache entschieden wir uns die Kleine nicht übermäßig zu strapazieren und traten den Heimweg an. Überglücklich, dass sie überhaupt so schön durchgehalten hat.

Der Ausflug hat uns auf jeden Fall wieder Lust auf mehr gemacht. Zudem ist noch genügend Luft nach oben für weitere Abenteuer.

Bleibt gespannt und gesund.
Euer Klub der unverbesserlichen Kletterer

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