von Willi

Ausflug zum Gamrig

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und damit auch die Anzahl potentiell schöner Klettertage für diese Saison. Umso mehr freut man sich, wenn in diesen Herbsttagen das Wetter bis zum Wochenende trocken bleibt und der geplante Ausflugssamstag Sonne nebst passablen Temperaturen verspricht.

Leider sollte die Seilschaft überschaubar werden, da sich nur Micha den Tag von seinen sonstigen Verpflichtungen freinehmen konnte. Das trübte meine Vorfreude aber in keinster Weise, verspricht ein Ausflug mit Micha doch den Genuss von frisch zubereitetem feinstem, italienischen Kaffee :)

Als Ausflugsziel wurden die Felsen um den Gamrig gewählt. Es scheint in dieser Saison hat es uns das Rathener Gebiet besonders angetan. Wer kann es uns verdenken bei den schönen Ausblicken aufs Elbtal und der umliegenden Landschaft.
Was Micha noch nicht wissen konnte als Gamrig zum Ziel erkoren wurde, mich aber innerlich entzückte, war eine VIIc an der Gamrigscheibe, welche ich bei einer früheren Wanderung entdeckte. Für mich war daher schon klar: Diese VIIc gilt es heute zu erklimmen.

Gesagt, getan. Zusammen mit Micha und Andrea, meiner besseren Hälfte und Fotobeauftragten, machten wir uns im überfüllten Zug auf nach Rathen. Es wehte ein kalter Wind, aber die Sonne schien wie angemeldet und im windstillen Wald war die Temperatur angenehm. Die Felsen um den Gamrig waren schnell erreicht und so standen wir vor dem Objekt der (meiner) Begierde, der Gamrigscheibe.

Vor uns war noch eine weitere Seilschaft am Werkeln. Witzigerweise mit demselben Plan den ich hatte. Also präsentierte ich Micha und Andrea mein Vorhaben. „Zum Aufwärmen beginnen wir mit dem „Alten Weg“ (eine III)…“, zustimmendes Nicken der Beiden, „… und danach geht es zum „Weg am Rande“ (die besagte VIIc).“ Darauf erfolgte ein kategorisches und entschiedenes „Näh Willi, das machst‘e nicht!“.
Zugegeben, bei meiner Wegewahl bin ich oft ambitioniert und eine VIIc bin ich tatsächlich noch nicht geklettert. Jedoch befand ich diesen Weg als risikoarm. Ich stehe gut im Training, vor dem ersten Ring gibt es zwei Sanduhren und die eigentliche Schlüsselstelle kommt nach dem Ring, ist somit also gut abgesichert.
Nach dem kleinen Dämpfer durch meine Begleiter entschieden wir uns erst einmal für eine Kaffeepause. Die Zeit konnte ich Nutzen, um die andere Seilschaft beim „Weg am Rande“ zu beobachten. Zum hervorragenden Kaffee gab es zur Freude aller die leckeren Zupfkuchen-Muffins von Andrea, welche wir uns genüsslich schmecken ließen.
Eine weitere Überraschung zog Micha aus seinem Rucksack. Drei jungfräuliche UFOs in verschiedenen Größen. Ein kurzer Test an einem bodennahen Riss, bestätigte das einfache Handling und super Halteeigenschaften. Sie werden uns bestimmt noch gute Dienste leisten.

Währenddessen hatte die andere Seilschaft einige Mühe mit der VIIc, was meine Motivation und Michas Ablehnung weiter bestärkten.
Zunächst ging es aber an den „Alten Weg“. Kurzer Weg, viele ausgetretene Stufen, viele Henkel und ein UFO konnten wir auch legen. Ein schöner Gang, um sich mit dem Felsen vertraut zu machen.
Nach dem Abseilen begann die Überzeugungsarbeit. Glücklicherweise berief sich Andrea darauf, dass wir Alt genug seien das Vorhaben richtig einschätzen zu können. Dadurch fiel es leichter Micha einfach zu „überstimmen“.
Der Einstieg ist durch die gute Struktur kleingriffig aber gut machbar. An der ersten Sanduhr hätte ich mir fast selbst ein Bein gestellt, da ich mich nur knapp nicht verschätzt hatte und die mitgenommene Schlinge gerade so durch das Loch passte. Die zweite Sanduhr sparte ich mir und klinkte direkt den sicheren Ring. Bis zum Ring sehe ich eine VI darüber beginnt das VIIc Stück. Für die Finger gibt es wenig, ein sicherer Tritt ist Pflicht. Rechts raustreten und mutig an den Fingerlöchern und Leisten halten, dann ist die Schlüsselstelle geschafft. Nach oben heraus löst sich dann alles auf. Das Ergebnis ist: ein super Gefühl es geschafft zu haben und die Erleichterung der Zuschauenden am Felsfuß.
Jetzt war Micha an der Reihe. Problemlos kletterte er bis zum Ring, die Schlüsselstelle war dann aber zu herausfordernd. Kurzerhand entschloss er sich zu einer unechten „Variante“ und wich nach links in den „Weg zur Mitte“ aus (immerhin eine VIIIa). Die Crux vom Ursprungsweg war damit überklettert und er konnte wieder zurücktraversieren, um, dem Normalverlauf folgend, den Weg zu beenden. Eine nicht minder starke Leistung.

Zur Feier der Errungenschaft gab es auf dem Gamrig den letzten Rest Kaffee und Muffins. Während der Pause verweilte unser Blick auf dem Heidestein, welcher direkt zu unserem nächsten Ziel auserkoren wurde.

Vor dem Heidestein trafen wir wieder die andere Seilschaft. Sie gab uns eine Inspiration möglicher, schöner Wege. Wir beschlossen mit der SW-Rippe (eine III) zu starten. Ein äußerst angenehmer Weg mit vielen Henkeln.
Wieder unten hatte ich die Abendreibung (VIIa) ins Auge gefasst. Motiviert noch eine Sieben am selben Tag zu klettern, musste ich Micha regelrecht zwingen mitzumachen. Nach den Strapazen an der Gamrigscheibe wollte er es nachvollziehbarerweise etwas ruhiger angehen lassen. Jedoch konnte er meiner Sturheit nichts entgegensetzen. Das positive an Wegen wie diesem ist, wenn man bis auf den einen Ring keine Sicherung legen kann, muss man nicht viel Material mitnehmen. Und was soll ich sagen, nach dem Einstieg war der Ring schnell erreicht und der Rest des Weges löste sich dank einer griffigen Rippe in Wohlgefallen auf. Gefühlt waren wir schneller oben als über die SW-Rippe. Denn entgegen meiner Befürchtung war der Einstieg, aber auch der Rest des Weges, für Micha überhaupt kein Problem. Somit konnten wir stolz unsere zweite Sieben für diesen Tag ins Gipfelbuch eintragen.

Geschafft und glücklich fuhren wir im abermals überfüllten Zug zurück nach Dresden.
In freudiger Erwartung auf unseren nächsten Ausflug in die geliebte Sächsische Schweiz.

Bis zum nächsten Mal,
euer Klub der unverbesserlichen Kletterer

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