von Willi

Die neue Klettersaison für den KuK ist gestartet

Es ist Frühling. Die Tage werden länger und langsam wird es wieder wärmer. Nach einer gefühlten Ewigkeit der Sandsteinabstinenz, nutzten Micha und ich die Gunst einer dreitägigen Trockenperiode, um wieder Höhenluft zu schnuppern. Damit wir uns grundsätzlich wieder an den Fels gewöhnen konnten, wir keine großen Experimente wagen wollten und weil es die günstigste Trockenbewertung hatte, entschieden wir uns wieder einmal für das Bielatal. Wir hatten uns schon den Talweg vom Sonny ausgesucht und wollten die restlichen Ziele vor Ort aussuchen. Sonnig aber mit angekündigten 7°C versprach es fast schon sommerlich zu werden (zumindest nach dem nass kalten Wetter der letzten Tage).
Am Sonny angekommen hatte es die Sonne aber noch nicht durch die angrenzenden Bäume geschafft. Dementsprechend war die Luft kühl und die Felstemperatur glich eher der von einem Eisklotz. Ein 20 Meter Eisklotz aus grobkörnigem Sandpapier. Micha wagte trotz dieser widrigen Umstände den Vorstieg über den Talweg (IV). Natürlich wurde die Möglichkeit genutzt unser neues Wissen aus dem kürzlich absolvierten Schlingenlegenkurs anzuwenden. Meiner Meinung nach waren seine gelegten Sicherungen ganz passabel. Ob sie am Ende einen Sturz gehalten hätten, wage ich aber nicht zu beurteilen. Ich denke wir gehen alle draußen nicht an die extreme Leistungsgrenze, um im Zweifel nicht die eigenen Schlingen testen zu müssen. In diesem Sinne war der IVer Weg für Micha auch kein großes Problem und bald winkte er mir vom Gipfel herab.
Als ich am Zuge war, waren meine Finger schon ausgekühlt. Dieser Umstand in Kombination mit dem kalten-rauem Schleifgestein hinterließ einen sehr demotivierten, weil schmerzhaften Eindruck von der Route. Irgendwann waren die Finger taub und es wurde unangenehm an den Griffen hinauf zu klettern. Wenigstens wurde die Felsspitze mittlerweilse mit ein paar Sonnenstrahlen versorgt. Nichtsdestotrotz war es ein tolles Gefühl wieder auf einem Gipfel zu stehen und die Zeit mit einem guten Freund zu genießen.

Nach diesem Auftakt, war ich an der Reihe einen Vorstieg auszusuchen. Wir blieben in der Nähe und suchten etwas in der Südseite des Sonnenwendsteins.
Die Südkante (VIIa) sah zwar einladend aus, aber ich dachte mir, solch einen Weg begehe ich lieber bei wärmeren Temperaturen, wenn ich mir keine Gedanken machen muss, dass die Finger taub werden. Stattdessen lockte mich der Südriss (III). Griffig, ein paar Schlingenmöglichkeiten und ab und zu gute Stellen zum Stehen. Zudem konnte ich mal mein Hallenrisstraining im Naturstein anwenden. Ich schnappte mir also alle UFOs von Micha, reichlich Schlingenmaterial und stärkte mich an einem halben Schokocroissant. Glücklicherweise wurde es etwas wärmer, so dass ich keine großen Probleme mehr mit kalten Fingern hatte. Vielleicht wärmte mich auch der Umstand am scharfen Ende des Seils zu klettern. Der Weg jedenfalls war gutmütig. Er ist fast immer sehr griffig. Der Einsatz von Hand- und Schulterrisstechniken ist bei der ein und anderen Stelle hilfreich. Auch ich konnte das Schlingenlegen an mehreren Stellen gut üben. Tatsächlich habe ich mich sogar mehr oder weniger hinaufhäkeln können. Schlussendlich war uns der zweite Gipfel des Tages ebenfalls sicher.

Nachdem wir uns wieder abseilten und am Boden sortierten, stellte sich die Frage, wo es als nächstes hingehen sollte. Da ich an dem Tag zeitiger daheim sein wollte, war mit Blick auf die Uhr die eigentliche Frage, ob wir überhaupt noch einen Weg schaffen. Jedoch kam mir eine Idee. Micha hegte schon länger den Wunsch eine VII vorzusteigen. Ganz in der Nähe, am Kleinen Herkulesstein, gibt es mit der Sagenwelt eine kurze VIIa. Der Weg hat im Grunde nur zwei, drei Züge, welche für diese Schwierigkeitseinstufung verantwortlich sind. Diese Züge befinden sich zudem bestens abgesichert genau über einem Ring. Hat man die Crux geschafft, ist der Drops dann auch gelutscht. Ohne weitere zeitaufwendige Sicherungen zu legen hat man da nämlich schon den Gipfel erreicht.
Das hieße also, wenn Micha diesen Weg schnell meistert, hätten wir noch einen weiteren Gipfel geschafft, er seinen VIIer Vorstieg und wir wären wieder zeitig daheim. Ich kannte den Weg bereits, da ich ihn vor drei Jahren zusammen mit Max vorgestiegen bin. Es war auch meine erste VII und ich muss gestehen, dass Max und ich insgesamt 3 Stunden und unzählige Versuche daran herumgedoktert hatten. Dennoch war ich zuversichtlich, dass Micha dieses Schicksal erspart blieb.
Micha stimmte zu sich den Weg anzuschauen und so marschierten wir mit Sack und Pack Richtung Herkulessäulen. Am besagten Ziel angekommen stellte er den verlockend nahen Ring und die kürze des Weges fest. Ohne weitere Überzeugungsarbeit Band er sich mit lediglich zwei Exen bestückt ins Seil ein. Der Ring war schnell erreicht, jedoch das Einklinken ein wenig mühselig, da die Position nicht ganz optimal ist. Jetzt kam die Crux. Griff rechts unter die Rippe, links hoch ins Fingerloch, rechts nachgezogen ins nächste Fingerloch und schon war er auf dem Plateau und zwei Minuten später an der Abseilöse bereit mich nachzuholen. Bouldern kann der Junge und so schnell hat man eine VIIa geschafft.
Mit dem Gedanken im Kopf, dass ich mich beim letzten mal so ewig angestellt hatte, begang ich meinen Nachstieg. Doch was soll ich sagen. Drei Jahre Kletterpraxis dazwischen hinterlassen ihre Spuren und ich hatte keinerlei Probleme mit der Crux. Etwas verwundert von der Einfachheit kam ich bei einem überglücklichen Micha auf dem Gipfel an. Der dritte Gipfelbucheintrag war uns damit gesichert. Inklusive abseilen, hatten wir das Kapitel in nicht einmal 25min abgeschlossen.
Auf dem Weg zurück zum Auto zeigte ich Micha noch eine weitere VIIa, die Direkte Westkante am Vorderen Schroffen Stein. Länger als der Weg eben aber genauso machbar und mit 3 Ringen super abgesichert. Ein schönes Projekt für später einmal.
Sehr zufrieden fuhren wir nach Hause und freuen uns auf die diesjährige Klettersaison mit dem Klub.
Bleibt gespannt.

Viele Grüße und Frohe Ostern wünscht euch der Klub der unverbesserlichen Kletterer.

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