von Willi

Gipfelsammeln im Sonnenuntergang

Der Sommer ist da! Neben Sonnenschein, Eis essen und freibaden birgt die Jahreszeit einen weiteren tollen Aspekt: Die Tage werden länger.
Das heißt, nun muss das arbeitende Klubmitglied nicht auf die Wochenenden warten, um ins Klettergebiet rauszufahren. Nein, jetzt bietet es sich an, auch unter der Woche nach Dienstschluss ein paar Gipfel zu besteigen. An diesem Montagabend sollten es ganze vier Besteigungen werden, denn wir besuchten die Felsen um den Gamrig. Mit dem "Weg am Rande" (VIIc) an der Gamrigscheibe und der "Abendreibung" (VIIa) am Heidestein konnten wir bereits im letzten Jahr starke Vorstiege in dieser Gegend bestreiten. Nun hatten wir das Ziel noch die restlichen vier Gipfel für den Klub zu sammeln.
"Wir" das waren Franzi, Max und ich, welche sich bewaffnet mit Pizzabrötchen und Schokohörnchen zusammen an diesen Abend eingefunden hatten. Sekundärziel war es nicht nur die vier Gipfel zu schaffen, sondern dies möglichst noch vor dem Sonnenuntergang zu erreichen bzw. die letzten Sonnenstrahlen auf einem der Felsen zu genießen.

Max startete für den Einstieg mit dem „Rippenweg“ am Waltersdorfer Horn. Der Weg ist definitiv leichter als eine II und gut als Soloweg geeignet. Eine abwechslungsreiche Bergfahrt auch für Kinder und kletterunerfahrene Menschen, da man praktisch nur über Wandstufen den Weg nach oben bestreitet. Hier sieht man eindrücklich wie weich der Sandstein ist und über die Zeit einfach abgetragen wird. Die vermutlich schwierigste Stelle im Weg ist es am Ende in die Ausstiegsrinne zu kommen. Oben angelangt bot sich ein schöner Blick über das Gebiet der Steine mit seinen Tafelbergen Lilienstein, Königstein und Rauenstein. Das obligatorische Gipfelfoto durfte bei dieser Kulisse natürlich nicht fehlen.

An der Abseilöse konnten wir schon unseren nächsten Gipfel betrachten. Direkt nebenan steht der Heidebrüderturm. Dessen kurzen „Alten Weg“ aus der Scharte heraus zu begehen, sollte meine nächste Aufgabe sein. Deklariert als IV mit ! ist auch dieser Weg aufgrund der ausgelatschten Tritte um einiges einfacher. Zudem finden sich fast durchgehend henkelige Griffe. Der Gipfel an sich ist meines Empfinden nach nichts besonderes und eher etwas für Sammler, welche eh vom Heidestein kommen (praktisch jede Begehung im Gipfelbuch ging über den AW). Ein Highlight für mich war dann tatsächlich eher der Abstieg. Da man sich nur bis zum Grund der Scharte abseilen konnte, muss man den Rest des Gipfels abklettern. Hierbei darf man sich wie die Pioniere des Sächsischen Kletterns fühlen, als es noch keine Abseilösen gab und man immer abklettern musste. Aber bitte nicht falsch verstehen. Der Abstieg ist recht einfach. In entgegengesetzter Richtung wäre es ein Einser Weg. Dennoch ist es für uns immer etwas ungewohnt einen Weg hinab zu steigen.

Wieder auf sandigem Boden gingen wir einmal um den ganzen Gamrig herum zum dritten Felsen des Abends, dem Gamrigkegel. Hier hatte ich mir eine kleine Herausforderung ausgesucht. Um die Klubstatistik etwas heraufzuschrauben, sollte es eine VIIb werden. Genauer gesagt der „Alte Weg direkt“. Bis zum Absatz des "klassischen" Alten Weges geht es ganz gut. Man kann den Abschnitt durch verschiedenste UFOs gut absichern. Tatsächlich stellt die darauffolgende VIIb-Schwierigkeit "nur" ein ca. zwei Meter, quergehender Hangelriss dar. Dieser wird eingangs durch einen Ring gesichert. Diesen zu klippen kann für kleinere Menschen eine Herausforderung darstellen. Lässt sich aber gut durch eine verlängerte Bandschlinge um einen kleinen Baum absichern. In die Hangel zu gelangen ohne einen ordentlichen Tritt empfand ich am schwierigsten. Ist man erst einmal drinnen, sind es nur drei, vier Züge bis zur griffigen Ausstiegskante. Max musste im Nachstieg ein wenig am Ring und Hangeleinstieg tüfteln, schaffte es dann aber zügig bis auf den Gipfel. Wer keine Probleme zu haben schien war Franzi. In Windeseile durchkletterte sie die Crux und stand in wenigen Augenblicken mit uns am Gipfelbuch.

Leider mussten wir feststellen, dass es sich eine leichte Wolkendecke zur Aufgabe gemacht zu haben schien, uns den perfekten Sonnenuntergang zu vereiteln. Glücklicherweise bahnten sich aber ein paar letzte Strahlen doch irgendwie ihren Weg hindurch und wir konnten noch ein schönes Abendrot genießen. Auch das ist Gipfelglück.

Eigentlich hätte das schon ein schöner Abschluss sein können, aber der Ehrgeiz zwang uns auch den letzten Gipfel aufzusuchen.

Da wir zwar wussten wo der Gamrigwächter steht (versteckt hinter dem Heidestein), wir aber den genauen Zustieg nicht kannten, endeten wir in einem Querfeldeinlauf am Hang. Immer einem vermeintlichen Trampelpfad folgend. Irgendwann standen wir auf einem Absatz, herabblickend auf die Einstiegsscharte des Gamrigwächters. Was wir dafür wussten, war, dass die Wege auf dieser Seite eigentlich alle nur so lala wären. Weshalb wir uns für das kleinste bzw. kürzeste Übel, den „Alten Weg“, entschieden. Immerhin eine sächsische VI. Eigentlich hatte ich nur wenig Lust, aber wenn man sich insgeheim zum Ziel gesetzt hat einmal auf jeden Gipfel gestanden zu sein, kann es halt nicht immer der Falkenstein sein. Der Abstieg vom Massiv und Übertritt auf den Wächter stellt kein Problem dar. Unangenehm ist, dass sich der Weg nicht vernünftig absichern lässt und man davorstehend zunächst keinen Stich sieht (lag vielleicht auch an der hereinbrechenden Dunkelheit). Ausgelatschte Tritte sind vorhanden, jedoch wollen die passenden Griffe erst einmal gefunden werden. Nach einem Fehlversuch rechts herum, fand ich eher linksseitig eine relativ gute Möglichkeit nach oben. Max und Franzi kamen dann auch souverän hinterher. Der Weg und der Gipfel ist aus meiner Sicht nicht sehr lohnend. Das Gipfelbuch von 1996 zeugt dann auch eher davon, dass sich nur die wenigsten den unübersichtlichen Zustieg antun und der Fels ebenfalls eher nur etwas für Sammler ist. Denn die Beste Aussicht genießt man dann doch vom Heidestein aus.

Aber hey, wir drei waren happy. Konnten wir doch all unsere Tagesziele erreichen und unserem liebsten Hobby frönen. Die Schokohörnchen hatten wir uns jedenfalls redlich verdient und dank Stirnlampen erreichten wir noch unfallfrei den Weg heimwärts.

Auf eine baldige nächste Feierabendrunde mit dem Klub.

Bis dahin alles Gute wünscht
eurer Klub der unverbesserlichen Kletterer

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