von Willi
Junggesellenabschied mit dem Klub
Nun ist das Himmelfahrtswochenende doch schon eine Weile vorüber, jedoch wollte ich euch nicht vorenthalten, was der Klub spannendes erlebt hat. Denn wir waren bei dem schönen Wetter natürlich nicht untätig . Leider hat es wegen diverser Projekte etwas gedauert bis der Text fertig war. Drum verzeiht mir bitte und habt Spaß beim Lesen.
Donnerstag
Eigentlich sollte es ein entspanntes Wochenende mit der Familie im Vogtland werden. Zeit mit der Schwiegermutter und, wenn möglich, etwas klettern zusammen mit Andrea.
Die ursprüngliche Idee zu Himmelfahrt in der hinteren Sächsischen Schweiz mit den Jungs klettern zu gehen, fiel aus. Vermeintlich wäre jeder schon anders verplant.
Umso größer war daher meine Überraschung als Max und Micha auf einmal im Vogtland vor der Tür standen. Völlig perplex dachte ich noch, wir würden gemeinsam nur den Vatertag begehen, stattdessen sollte ich meine Koffer und Kletterausrüstung für das gesamte Himmelfahrtswochenende packen. Kurz darauf wurde ich ins Auto verfrachtet und mit unbekanntem Ziel Richtung Westen entführt.
Nur langsam begriff ich, dass es sich tatsächlich um meinen JGA handeln sollte, welchen ich gar nicht begehen wollte und daher rein gar nicht auf dem Schirm hatte. Die Fahrtrichtung und das Kletterequipment im Gepäck ließen mich schnell auf ein Ziel im Frankenjura tippen, was dann doch für einen sichtlichen Anstieg von Vorfreude meinerseits sorgte.
Im beschaulichen Engelhardsberg bei Gößweinstein erreichten wir schließlich unser Ziel. Die Jungs hatten über AirBnB ein gemütliches Häuschen im Ort gemietet. Unsere Gastgeberin war Angelika, welche uns zusammen mit ihren zwei Katzen herzlich empfing und die Räumlichkeiten zeigte.
Wenig später stießen noch Robin und Alex hinzu, welche wir freudig in Empfang nahmen.
Nachdem wir unser Gepäck entluden und zum ersten Bier anstießen, ging es auch schon an die Planung. Der Tag war noch jung und glücklicherweise ist der nächste Kletterfels nur 15 Gehminuten vom Häuschen entfernt. Ich war Feuer und Flamme und konnte es kaum erwarten endlich loszuklettern.
Das auserkorene Gebiet nennt sich "Kammer" und ist in mehrere kleine Sektoren aufgeteilt. Es bietet von mittleren bis schwierigeren Routen die ideale Möglichkeit sich mit dem Gestein vertraut zu machen. Was uns direkt als erstes auffiel sind die vielen Bohrhaken im Fels. Sportkletterrouten halt. Aber als sächsischer Bergsteiger trotzdem immer etwas ungewohnt. Was auch ungewöhnlich ist, zumindest für mich, ist die scheinbar selbstverständliche Verwendung von Dauerschlingen als Bohrhakenergänzung. Diese sind sogar im Kletterführer explizit ausgewiesen. Mir stellten sich ganz praktische Fragen dazu. Haben die Kletterer hier keine eigenen Schlingen? Wer tauscht die wieder aus, wenn der Zahn der Zeit sich durch das Material genagt hat? Warum brauche ich die überhaupt, wenn doch 2 Meter weiter der nächste Bohrhaken kommt?
Naja, das Gestein wiederum bietet einen positiven Eindruck. Es ist fester und scharfkantiger als vom heimischen Sandstein gewohnt. Ab und zu muss man aber trotzdem prüfen, ob die eine oder andere Rippe noch zu gebrauchen ist oder doch zu hohl klingt.
Drei Wege konnten wir noch an diesem Resttag begehen, bevor die Mägen doch zu laut knurrten und wir uns wieder auf den Rückweg in die Unterkunft machten.
Lang sollte der Abend nicht werden. Es gab schnell gemachte Nudeln mit Gemüse und beim Essen planten wir die folgenden Tage. Für den nächsten Tag war der Aufenthalt in der Intensivstation geplant...
Freitag
Nach dem Frühstück ging es also zur Intensivstation. Tatsächlich laut Kletterführer ein Gebiet aus 5 Massiven mit über 140 Wegen von der UIAA Schwierigkeitsskala 2 bis 10+/11-.
Hergerichtet wurden die Wände von den Besitzern der gleichnamigen Herberge auf dessen Grundstück das Felsareal steht.
Vom versteckten Parkplatz erreichten wir schnell das Gelände und suchten uns die erstbeste Wand aus. Nach Auskunft des Kletterführers befanden wir uns am „Hohen Eck“.
Der Fels weist auf dem ersten Blick weit weniger Struktur auf als die „Kammer“ vom Vortag. Dennoch gab es zwei 5er Routen zum aufwärmen („Mehlbeerenweg“ und „36 Grad“). Da sich die Wände schnell füllten verloren wir keine Zeit und stiegen parallel in die beiden Routen ein. Klettertechnisch sind diese nicht anspruchsvoll, jedoch war der Absatz sehr grün und rollig.
Nach der Fingerübung galt es die nächste Route auszusuchen. Von der Seite lachte mich eine Rissverschneidung an. Laut Führer die „Krabbelstunde“ und mit einer 6 bewertet.
Das sollte ja im Rahmen des Möglichen liegen... dachte ich. Nach einem gängigen Start ging es ganz gut an drei Haken vorbei. Jedoch versuchte ich wohl zu früh den vierten Haken zu clippen. Denn ich befand mich in einer unangenehmen Schulterrissposition, welche den Haken einen halben Meter hinter mir unendlich entfernt erscheinen ließ. Mein Bewegungsradius gleicht halt nur einem Kühlschrank. Irgendwie schaffte ich es doch mich so sehr zu verrenken, dass ich mit den Fingerspitzen clippen konnte und mich daraufhin erst einmal ins Seil fallen ließ. Der vermutlich zweite Fehler war, dass ich zu früh den Riss verlassen und über die Wandstelle klettern wollte. Dies führte zu unzähligen, kräftezehrenden Versuchen über die griffarme und überhängende Stelle klettern zu wollen. Völlig verausgabt schaffte ich es schließlich doch, indem ich wieder zurück in den Riss schlüpfte und diesen noch etwas weiter folgte. An dessen Ende fanden meine Finger dann wieder größere Griffe vor. Ich war fix und fertig und auch froh so etwas nicht an einem Weg im Elbsandstein gemacht haben zu müssen. Im Nachstieg schafften es dann alle ohne größere Probleme, wobei Alex die beste Figur machte. Das nährte zwar meine Selbstzweifel, dass ich mich hier wohl selten dämlich angestellt haben muss, aber ich quittierte diese Gedanken damit dass im Nachstieg ja eh alles eine Drei ist.
Wir gingen anschließend einmal um die Wand herum, um auf der Rückseite noch drei weitere 6er Routen zu begehen. Bei diesen hatte ich weit weniger Probleme als beim Riss (also hatte ich mich doch dämlich angestellt).
Etwas schmunzeln musste ich über den Kommentar einer Seilschaft neben uns, welche die zu weiten Bohrhakenabstände monierten.
Zufällig trafen wir noch auf zwei andere Dresdner aus dem Mandala, David und Lisa, welche ebenfalls Kletterurlaub in der Gegend machten.
Alles in Allem konnten wir die Intensivstation fast unverletzt verlassen. Ich habe mir lediglich eine Schramme am Schienbein und einen Muskelkater von der Risstortur geholt.
Alex vollzog einen Bodensturz, konnte aber glücklicherweise vor dem Aufprall auf einen Stein gehalten werden.
Den Tag ließen wir in der Unterkunft beim Grillen und an der Feuerschale ausklingen.
Samstag
Am letzten Klettertag sollte es in das nahegelegene Wiesenttal gehen. Dieses ist nur 20 Minuten Fußweg entfernt und kann mit vielen einzelnen Wänden aufwarten. Darunter auch unser erstes Tagesziel, die sehr beliebte Jubiläumswand. Die Wand an sich war bei unserer Ankunft schon gut gefüllt, jedoch galt unser Blick dem etwas versteckten linken Teil.
Dieser beheimatet den Heinrich-Opitz-Gedächtnis-Weg. Das besondere an diesem Weg ist, dass man an einem Wandbuch vorbei klettert. Unseren KuK-Stempel in ein fränkisches Wandbuch zu setzen, konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Der Weg als solcher hinterließ ein zwiespältiges Gefühl. Unten muss man sich hässlich durch Erde und lockeres Gestein zunächst an die eigentliche Wand wühlen. Danach folgt schöne Wandkletterei am besagtem Buch vorbei. Den Eintragungen nach zu urteilen, wird der Weg nur zwei, drei mal im Jahr begangen. Mit der zweiten Begehung für dieses Jahr, haben wir leider die Jahresersteintragung verpasst. Natürlich verewigten wir uns trotzdem alle.
Auf dem Gipfel angelangt gibt es keinen Umlenker oder Haken zum nachholen. Davon lässt man sich als Sachse natürlich nicht aus der Ruhe bringen und wirft einfach die 240er Schlinge um den ganzen Gipfelblock und hat dadurch einen idealen Standplatz gebaut.
Wir müssen definitiv noch einmal herkommen und eine sächsische Abseilöse anbringen. Nachdem sich alle auf dem Gipfel eingefunden hatten, gab es das obligatorische Gruppenbild und dann stand schon der Abstieg an.
Dieser erwies sich mangels Umlenker als extrem unangenehm, da man den Bergrücken durch den Wald mit sehr steilem Abhang herunter laufen musste. Einen Pfad sucht man hier vergebens. Und so würde ich den Abstieg als potentiell gefährlicher als den Weg hinauf beurteilen. Glücklicherweise schafften wir es alle ohne verstauchte Knöchel. Während wir uns am Einstieg wieder sammelten und stärkten, sahen wir schon, dass die restliche Jubiläumswand mittlerweile heillos überlaufen war. Wir entschlossen uns daher zur „Morgenleite“ auszuweichen.
Auf dem Weg dahin trafen wir wieder auf David und Lisa vom Vortag, welche auch zur Jubiläumswand wollten, sich nun aber uns anschlossen.
Die „Morgenleite“ bot uns im Einstiegsbereich ein wahres Meer an Bohrhaken, gruselig. Das führte zu leichten Wegfindungsproblemen, da viele der Haken auch nicht im Kletterführer eingezeichnet waren. Anscheinend gibt es im Frankenjura keine Limitierung was das zunageln der Wände angeht.
Nachdem wir uns halbwegs einen Überblick verschafft hatten, startete Max mit "Der frühe Vogel kann mich mal". Ich versuchte mich am "Der frühe Vogel fängt den Wurm". Ein etwas bouldriger Einstieg gefolgt von einer schönen und längeren Wandkletterei.
Währenddessen stieg David den "Morgenstern" vor, welchen wir alle auch im Nachstieg begingen. Eine schöne 7+ Route über (für mich) drei Crux stellen. Es beginnt mit einem gängigen Start. Dann geht es an Fingerlöchern und mit hohem Antreten über einen Bauch (1. Crux). Gefolgt von einer Passage mit strukturarmer Wandkletterei (2. Crux), um schließlich vor der schwierigsten Stelle zu stehen: ein Überhang mit scharfen Leisten und kaum Trittmöglichkeiten. Hier habe ich länger getüftelt. Seit ich nur noch selten im Mandala verweile, bin ich überhaupt nicht mehr trainiert mich irgendwo an schmalen Leisten hochziehen.
Nach drei Zügen hat man diese Stelle jedoch geschafft und erreicht den rettenden Henkel. Der Rest des Weges zum Umlenker verläuft dann entspannt an einer strukturierten, liegenden Wand.
Wirklich eine sehr schöne und anspruchsvolle Route. Im Vorstieg definitiv auch machbar, da natürlich viele Haken verbohrt wurden, diese aber die schweren Stellen super entschärfen und man sie stets entspannt clippen kann. Falls es mich mal wieder hier hin verschlagen sollte, würde ich den Weg auch im Vorstieg begehen.
Danach probierten sich Robin, Alex und Max an einer von David vorgestiegenen 8er Route namens "Jessy". Robin kämpfte sich erfolgreich durch die gesamte Route. Alex probierte es mal und schaffte souverän das erste Drittel. Max galt schließlich der Aufgabe abzubauen. Daher stand das Ziel fest und auch er kämpfte sich erfolgreich bis zum Umlenker.
Ich setzte hier aus, eine UIAA 8 ist auch in der Halle über meinem Leistungslevel. Stattdessen fand ich eine abseitige Route für den Tagesabschluss. An dessen Start stand nur "Morgenmuffel" aber der Kletterführer enthielt die Route nicht. Da sie einfach aussah und sehr viele Bohrhaken enthielt, dachte ich mir "give it a try" und schauen wir abends im Internet nach der Schwierigkeit.
Es war dann tatsächlich eine angenehme Route mit stets guten Griffen und sicheren Tritten. Natürlich hoffnungslos übersichert. Ich hätte eine 5- gegeben. Micha stieg sie nach und meinte sie hatte ein, zwei komische Stellen. Für ihn eher eine 5 bis 6. Später fanden wir im Internet, dass es eine 5+/6- ist.
Damit beendeten wir den letzten Klettertag und wanderten zurück zu unserer Unterkunft.
Auch diesen erlebnisreichen Tag schlossen wir beim gemeinsamen Grillen und Lagerfeuer ab.
Sonntag
Die Kletterei und stramme Wanderung gingen nicht spurlos an mir vorbei. Ich war ein Ganzkörpermuskelkater und komplett durch. Daher war ich nicht unglücklich, dass es nach dem Frühstück schon wieder zurück in die Heimat zur geliebten kleinen Familie ging.
Dennoch war es ein großartiges Wochenende mit den Jungs und eine gelungene Überraschung. Ich hoffe ihnen wird es ebenso lange in Erinnerung bleiben wie mir.
Vielen Dank dafür!